Hey, hat Dir jemand eine Legende über mich, das schwarze Gespenst von Klaipėda Burg erzählt? Nein? Also dann, trete einen Schritt näher und höre zu, ich werde Dir meine lehrreiche Geschichte erzählen. Sie wird Dich in eine Zeit zurückversetzen, in der die Herrscher des Großfürstentums Litauen und die Deutschmeister des Deutschen Ordens für die Regierung der Stadt kämpften und die Stadt durch Brände zerstört wurde.
Es begann einmal nach dem Bau einer hölzernen Burg in der südlichen Seite des Danė-Flusses die Stadt Klaipėda zu entwickeln. Die Einheimischen benannten diese hölzerne Burg als Memelburg, nach der Mündung der Memel (lit. Nemunas), die heute als Klaipėda Burg bekannt ist. Das war das Ende des 16. Jahrhunderts, als ein Soldat, Hans von der Heide, aus dem Land Dittmar, diese Burg bewachte. Ich habe ihn bemerkt und beschloss ihn zu erschrecken … Ich sammelte alle meine überirdischen Kräfte, hob die Brücke über den Burggraben und baute sie bis zum Damm. Allerdings, war die Brücke nicht so einfach – aus genietetem Eisen gebaut und mit Ketten verziert. Sie fesselte die Aufmerksamkeit der Menschen und kurze Zeit danach wurde sie von den Einheimischen als Gradinės-Brücke (Ketten-Brücke) bezeichnet. Ich stand an der Brücke in meinem langen, vom Wind verwehten schwarzen Mantel und trat einen Schritt näher an jungen Mann heran, der neben der Burg stand.
In meinem starken sächsischen Dialekt fragte ich ihn: „Warum stehst du gerade hier?“ Der Soldat antwortete: „Ich stehe hier nach dem Willen Gottes und meines gnädigsten Herrn.“ Dafür habe ich erwidert: „Das ist was Gott Dir befohlen hat zu sagen“, und ich fragte erneut: „Hast du noch genug in deinem Zuhause womit Du dir den Magen vollstopfen kannst?“ Hans antwortete: „Ja, Gott sei Dank, wir haben genug zu essen und zu trinken.“ Dann sagte ich: „Aber es wird dir dennoch an Getreide und Brennholz mangeln.“ Mit diesen Worten winkte ich mit meinem Mantel und sprang nach unten – ich verschwand augenblicklich, aber ich konnte immer noch die Verteidigungsanlagen knacken hören. Der Soldat blieb überrascht an seiner Stelle stehen und starrte auf einen Punkt, an dem mein Schattenbild noch vor einigen Sekunden zu sehen war.
Die Wochen vergingen, aber Hans konnte meinen langen und beängstigenden Mantel nicht aus seinem Kopf bekommen. Wie auch jede Nacht, erfüllte Hans von der Heide seine Pflicht von der Wache von der Burg. Plötzlich kam ich aus dem Wasser heraus und sagte: „So, braver Soldat, die letzte Stunde Deines Königreichs ist angebrochen. Von nun an wird sich meine Weissagung erfüllen, und der Viehherde mangelt an …“ Kaum als ich den unheilbringenden Fluch aussprach, spürte ich wie meine Stimme versagte und der Körper gelähmt wurde. So hat Gott mich dafür bestraft, dass ich die Dunkelheit in der Welt verbreitet habe. Das traf mich völlig unvorbereitet, ich stand benommen da und sah, wie die Stadt wiederbelebt wurde, der Hafen blühte und die Menschen in Klaipėda keine Sorgen mehr hatten. Jeden Tag summten die Stadtbewohner in meiner Nähe und bewunderten die von mir geschaffene Brücke. Wenn du sie drehst, so können die Schiffe ruhig vorbeifahren.
Und ich blieb so bis zum Ende der Ewigkeit hier stehen. Ich kann Dir versichern – habe keine Angst vor mir, sondern schließ mit mir Freundschaft. Wenn wir uns anfreunden, werde ich ein Bote Deines Erfolgs und Wohlstands. Und vielleicht wird Gott mir eines Tages vergeben.